Die Ostseestrategie der Europäischen Union bezeichnet die erste regionale Strategie der EU, die während der laufenden EU-Präsidentschaft Schwedens beschlossen werden wird. Mit ihr sollen "Probleme der Ostseeregion identifiziert und in konzertierter Aktion gelöst werden" (so formuliert es Dr. Carsten Schymik von der Stiftung für Wissenschaft und Politik SWP, der an der Diskussion in der EAB teilnahm).
Global denken, lokal handeln, so hieß es einmal. Aber viel wahrscheinlicher scheint mir, dass Ziel dieser neuen "Strategie" weniger die politische Umsetzung, als vielmehr das Zurechtbiegen EU-kompatibler Strukturen sein soll und wird. Nicht umsonst wurde im Zuge der Diskussion um den Strategieentwurf vielfach auch schon die Abschaffung des Ostseerats (Rat der Ostseeanrainerstaaten, gegründet 1992) verkündet - oder zumindest für sehr wahrscheinlich gehalten. Auf der Veranstaltung der EAB in Berlin war davon nun nicht mehr die Rede. Was hat sich geändert?
"Die Ostseestrategie ist auch eine Übernahme dessen, was die HELCOM (Helsinki Kommission, zwischenstaatliche Kommission zum Schutze der Meeresumwelt im Ostseeraum) als Aktionsprogramm bereits längst beschlossen hat - so Dr. Schymik. Schließlich wurde das sogenannte "Helsinki-Abkommen" bereits 1974 beschlossen, trat 1980 in Kraft, wurde 1992 als neue Konvention gezeichnet, trat dann 2000 endgültig in Kraft und wurde 2003 noch einmal durch die Formulierung von Prioritäten verdeutlicht. Was sollte eine "EU-Ostseestrategie" da schon daran ändern? Zumindest verraten alle Texte von Seiten der EU dies nicht.
Oder ist es vielleicht das besondere Verhältnis zu Russland? Diskussionsteilnehmer Dr. Mart Laanemäe, seines Zeichens Botschafter Estlands in Berlin, wurde in der EAB danach gefragt. Aber was Moderator Prof. Stratenschulte da praktizierte, ist ja weit davon entfernt politische Praxis in Deutschland und in Berlin zu sein - es könnte eine neue "Traumrolle" Estlands sein, nach den Erfahrungen mit Russland gefragt zu werden, wenn deutsche Politiker/innen erst mal nachdenken und zuhören wollen, bevor sie (in "Schröder-Manier") Sondervereinbarungen nur mit Russland treffen und sich selbst noch mit hoch bezahlten Posten bescheren.
Was ändert sich also konkret für diejenigen, die sich ganz persönlich für die Ostsee interessieren, vielleicht um ihren Zustand besorgt sind, sich um zwischenstaatliche oder fachliche Kontakte bemühen, oder besorgt sind um das, was die Politiker und Entscheidungsträger im Ostseeraum so zu beschließen geruhen? Offenbar kaum etwas. Erste Hilfe oder letzte Rettung? Die Veranstaltung in der Europäischen Akademie hiniterließ den Eindruck, dass es der Ostsee so gut oder so schlecht gehen mag wie auch immer - für Politiker oder andere Entscheidungsträger selbst scheint weder das eine noch das andere (weder Hilfe noch Rettung) rechtzeitig eingeplant zu sein.