2. September 2008

Für atomfreie Zukunft an der Ostsee

In den 80er und 90er Jahren galt das Atomkraftwerk Ignalina in Litauen als eines der gefährlichesten Anlagen seiner Art. Zehntausende protestierten in den 80er Jahren gegen den Ausbau, jahrelang sah es so aus, als ob eine erstarkende Unabhängigkeitsbewegung in den baltischen Staaten nicht nur ein marodes Sowjetsystem, sondern auch die teuren Märchenonkel der Atomindustrie zum Schweigen bringen könnte. Von ursprünglich vier geplanten Reaktoren wurden dann zwei fertiggestellt und gingen danach in den Besitz des unabhängigen Litauen über.

Bis 2004 herrschte noch Einigkeit darüber, das AKW Ignalina im Zuge des EU-Beitritts Litauens abzuschalten. Der erste Block ist inzwischen abgeschaltet, der verbleibende letzte wurde immer wieder zum Streitobjekt in der litauischen Politik: trotz entsprechender Zusagen gegenüber der EU wurde die Abschaltung immer weiter herausgezögert. Ende 2009 soll nun endgültig Schluß sein.

Die Anti-Atombewegung der baltischen Staaten aber kann Nachwuchs inzwischen sehr gut gebrauchen. Seit Energiequellen aus Gas und Öl in Osteuropa fast synonym stehen mit ökonomischem und politischem Druck aus Russland, scheuen die Regierungen Estlands, Lettlands und Litauens vor einer zu starken Förderung dieser Energieträger zurück. Dazu kommt noch, dass die Ölschiefergewinnung in Estland gerade aus Klimaschutzgründen auch nicht gut dasteht. Vieles vom wirtschaftlichen Aufschwung in der baltischen Region war aber in den vergangenen Jahren von Investoren abhängig, d.h. meist von global tätigen Konzernen, die auch in dieser Region ihr Gewinn- und Absatzgebiet absichern wollten. Aus ähnlich simplen Gründen stehen nun schon einige bekannte Energiekonzerne in der Warteschleife, um neue Atomanlagen bauen zu dürfen, sobald die Regierungen der baltischen Staaten ein solches Projekt absichern.

Wieder einmal würde es dann teure, zentral organisierte, für zukünftige Generationen gefährliche Atomanlagen riesiger Dimensionen geben, die flexiblere und nachhaltig umweltfreundlichere Lösungen blockieren werden - zu dieser Aussage haben sich die Umweltschützer/innen des CEE Bankwatch mit Büro in Prag (Tschechien) zusammengefunden. Nach den Plänen für ein neues Atomkraftwerk in Litauen wird nur der Name gewechselt - nicht mehr der Name der 45km vom bisherigen Standort entfernten Stadt Ignalina wird für eine atomar strahlende Zukunft stehen, sondern Visaginas, der direkt betroffene Ort. "Die sogenannte Umweltverträglichkeitsprüfung, die gegenwärtig in Auftrag gegeben worden ist, sieht eine Energieversorgung auch ohne den Bau eines AKW gar nicht vor!" Somit ist die einseitige Befürwortung von Atomkraft in den Augen der Umwelt-NGOs klar - und ebenso klar abzulehnen.
Im Rahmen des Netzwerks CEE Bankwatch ist ein erstes Video entstanden, das nun den Standpunkt der Atomgegner bekannt machen soll und zur Unterstützung der Kampagne aufruft.